Die Gedenktafel würdigt die Humanität und Zivilcourage von Josef und Klara Bruns,
sie bewahrt ihr Gedächtnis und soll heutige Menschen ermuntern, unerschrocken für Toleranz, Mitmenschlichkeit und Recht einzutreten.
Josef Bruns und seine Tochter Klara Bruns
Als das Ehepaar Siegmund und Rosa Gottschalk durch nationalsozialistische Machenschaften obdachlos wurde, nahmen Josef Bruns und seine Tochter Klara die beiden für vier Jahre (1937 bis Dez. 1941) bei sich auf.
Trotz vorhersehbarer Repressalien blieben sie ihrer christlichen Überzeugung und ihren humanen Prinzipien treu.
Am 8. November 2015 konnte die abgebildete Gedenktafel am ehemaligen Haus der Familie Bruns, heute Albers, Hauptstr. 23 in Nienborg angebracht werden.
In heutiger Zeit, in der viele Menschen Heimat und Existenzgrundlage verlieren, setzen Heimatfreunde damit ein Zeichen für Mitmenschlichkeit.
Der Viehhändler Siegmund Gottschalk und seine Frau Rosa wurden – wie alle Juden in Deutschland – von den Nationalsozialisten verfolgt, drangsaliert und ab 1933 u.a. durch Berufsverbote in den wirtschaftlichen Ruin getrieben.
Nachdem ihr Haus Nienborg Nr. 112 (später Hauptstraße 5) am 20. Januar 1936 zwangsversteigert worden war, boten der verwitwete Architekt Josef Bruns und seine Tochter Klara ihren Nachbarn eine kostenlose Wohnung in ihrem Haus an. Sie überließen dem obdach- und mittellosen Ehepaar Gottschalk den rechten, besseren Teil ihres Einfamilienhauses (heute Hauptstraße 23), der aus drei Zimmern bestand: einer Küche, einem Wohn- und einem Schlafzimmer.
Josef Bruns und seine Tochter schränkten sich räumlich stark ein. Klara bezog nun ein kleines, provisorisches Schlafzimmer, das lediglich mit einer Leiter zugänglich war. Trotz Repressalien durch Anhänger der NSDAP – Klara Bruns berichtete später u.a. von bösartigen Beschimpfungen von Mitgliedern der NSDAP-Frauengruppen – beherbergte die Familie Bruns auch weiterhin ihre jüdischen Mitbewohner.
In der Pogromnacht vom 9./10. November 1938 überfielen SA Männer aus Ahaus das Haus Bruns, zerschlugen das Wohnzimmerfenster der Gottschalks, drangen in das Haus ein, zerstörten weitere Fenster, beschädigten das Mobiliar und zerschlugen wertvolles Porzellan. Sie überfielen die schlafenden Menschen, demütigten sie und befahlen Siegmund Gottschalk sich behelfsmäßig anzuziehen. Notdürftig bekleidet musste er barfuß durch die Hauptstraße laufen bis zum „Spritzenhaus“ an der Ochtruper Straße, wo er in Arrest genommen wurde.
Der unschuldig und unrechtmäßig Inhaftierte wurde am 24. November 1938 – aus seiner sog.“Schutzhaft“ – erst nach 14 Tagen entlassen.
Trotz der schwierigen Situation, trotz des stärker werdenden Druckes, den die NSDAP ausübte, beherbergte die Familie Bruns auch weiterhin ihre jüdischen Mitbewohner.
In der Zeit von 1939 bis 1941 wurde den Gottschalks das Leben noch stärker erschwert. Die Zuteilung vieler Waren wurde ihnen verweigert. Dazu gehörten Fleisch, Bekleidung, Nähgarn und Toilettenartikel. Lebensnotwendige Nahrungsmittel wie Butter, Mehl und Zucker erhielten Juden ohnehin nur in halber Menge. Soweit möglich gaben Josef und Klara Bruns von dem Wenigen, was sie selbst bekamen, an ihre jüdischen Mitbewohner ab.
Am 15. Mai 1941 erfolgte um 8 Uhr morgens eine unangekündigte Hausdurchsuchung bei den Gottschalks, bei der jedoch weder Bargeld noch Wertgegenstände oder anderweitig verwendbare Textilien gefunden wurden. Trotz des radikalen Vorgehens der zumeist auswärtigen SA Männer ließen Josef und Klara Bruns sich nicht einschüchtern und beherbergten Siegmund und Rosa Gottschalk auch weiterhin.
Am Morgen des 10. Dezember 1941 wurde das jüdische Ehepaar gewaltsam aus seiner Wohnung geholt und über Heek, Ahaus und Münster wahrscheinlich in das Getto nach Riga / Lettland deportiert. Diese zwangsweise Verschleppung von jüdischen Mitbürgern war zuvor von der Gestapo in Münster geplant worden und fand in allen Gemeinden des Bezirkes statt.
Für ihre Mitmenschlichkeit und ihr selbstloses, mutiges Handeln wurden Klara Bruns und posthum ihr Vater Josef im Jahr 2009 mit der Goldenen Gemeindeplakette geehrt.
Mit der Gedenktafel, die der Künstler Michael Franke aus Erkelenz 2015 entworfen hat, möchte der Heimatverein Nienborg an das Leiden der jüdischen Mitbürger erinnern, die Humanität und Zivilcourage von Josef und Klara Bruns würdigen, ihr Gedächtnis bewahren und auch heutige Generationen ermuntern, stets unerschrocken für Toleranz und Mitmenschlichkeit, Recht und Gerechtigkeit einzutreten.