Ausblick

Sehr, sehr alt sind diese Wände
einst erbaut durch fleiß’ge Hände
vor gut – man staunt – zweihundert Jahren,
als die Zeiten anders waren.
 
Telephon? Elektrisch Licht?
Radio? Fernsehen? Gab es nicht!
Fließend Wasser? Duschen täglich?
Nicht auszudenken! Ganz unmöglich!
 
Dereinst erbaut als Burgmannshaus,
sieht es noch recht proper aus!
Seht den Giebel, die Fassade,
denkmalwürdig und gerade!

Weder Schnee noch Sturmgebraus
schadeten dem alten Haus;
und durch Gottes Gnad und Gunst
entging es einst der Feuersbrunst,
 
die im Hause nebenan –
keiner weiß, wie es begann –
brannte nieder Balken, Mauern!
Haus Hugenroth konnt‘ überdauern.
 
Doch ein Haus bleibt leere Hülle,
wenn ihm nicht in reicher Fülle
Menschen hauchen ein das Leben
und ihm so Charakter geben!
 
Leider kenn ich nicht die Namen
aller, die hier gingen, kamen;
doch einer steht mir zu Gebot,
das ist der Name Hugenroth.
 
Als junger Lehrer schlank und fein,
zog Hermann bei den Graßkamps ein
und ehelicht‘ Maria, die Tochter;
es gab wohl drei, doch diese mocht er!
 
Nach und nach fünf Kinder kamen;
natürlich weiß ich deren Namen:
Hermann junior, Hildegard –
diese zwanzig Jahr nur ward-,
 
Eni, Mia und das Klärchen,
die Jüngste mit den schwatten Härchen.-
Die Jahre gingen in das Land,
viel Schlimmes bleibt hier ungenannt.
 
Denn rosig sind wohl nicht die Zeiten,
wenn Krieg und Hunger sie begleiten.
Doch mit großem Gottvertrauen
alle in die Zukunft schauen.
 
Und wie so geht des Lebens Lauf,
hielt auch die Heimat sie nicht auf,
zu suchen anderswo ihr Glück,
Beruf, Familie fest im Blick.-
 
Wir machen einen Riesensprung
in unserer Erinnerung
und landen wieder – wie im Märchen –
in Nienborg hier – bei Tante Klärchen.
 
Sie war des Hauses Hüterin;
auch uns zog’s immer wieder hin,
wo wir in kargen Nachkriegsjahren
als Kinder sorglos glücklich waren.
 
Doch jene die hier wohnten, lachten
und das Haus zum Leben brachten,
fast all‘ die Leben sind nicht mehr;
das Haus stand still, verwaist und leer.
 
Dies hatte lang vorher bedacht
und viel Gedanken sich gemacht
der Hermann junior Hugenroth:
 
So konnte bis zu ihrem Tod
Klärchen in dem Hause leben.
Ihr Besitz ward übergeben
später dann an die Gemeinde
und den Verein der Heimatfreunde.
 
Was die zustande dann gebracht,
den Besucher sprachlos macht;
das blieb in seiner Art,
und Neues auch geschaffen ward.
 
Doch bis so weit hier alles war,
verging manch‘ Monat, manches Jahr:
Es wurd‘ gezeichnet und vermessen,
gerechnet, und – nicht es zu vergessen –
 
man suchte dringend viel Sponsoren!
Auch dieses traf auf off’ne Ohren:
ob Mobiliar, ob Euro – Spende,
ob Eigenleistung fleiß’ger Hände:
 
all‘ das und mehr ward eingebracht
und zum Gemeinschaftswerk gemacht!
Und Gemeinschaft zu bewahren,
hilft dieses Haus in künft’gen Jahren.
 
Wir warten, was die Zukunft bringt,
und hoffen, dass es gut gelingt,
So rufe ich nun bittend aus:
Gott schütz‘ und segne dieses Haus!
 
von Hildegard Sieberg, geb. Hugenroth, vorgetragen anlässlich der Eröffnung von Haus Hugenroth am 15.4.2007